schon in einem anderen Posting (Nachbesprechung Blühende Blumen und Pflanzen) habe ich Rainers Bild hinsichtlich der Freistellung mit zwei anderen verglichen. Dabei habe ich auch geäußert, dass meiner Meinung nach der Hintergrund in Rainers Bild zu kräftig und zu unruhig ist und die Wirkung des eigentlichen Motivs dadurch stark beeinträchtigt. Für den Fall, dass sich nicht schon bei der Aufnahme eine Möglichkeit bietet, diese Störung hintanzuhalten, möchte ich hier auf die Möglichkeit eingehen, sie in der Bildbearbeitung deutlich abzuschwächen.
Von allen Bildbearbeitungsprogrammen, die ich kenne, bietet nur Photoshop und Corel Photo-Paint die Werkzeuge, um eine so präzise Auswahl zu erstellen, wie sie für dieses Vorhaben benötigt wird. PS Elements erlaubt zwar auch das Anfertigen und Speichern von Auswahlen sowie das Arbeiten mit Ebenen, aber es gibt keine Möglichkeit, Auswahlen direkt zu bearbeiten. In Hinblick darauf, dass die Anfertigung der Auswahl auch mit optimalem Werkzeug eine sehr zeitraubende und schwierige Angelegenheit ist, hätte ich Zweifel, auch mit PS Elements zu einem befriedigenden Ergebnis zu kommen.
Im Folgenden beziehe ich mich auf Photoshop.
- Der erste und zugleich auch langwierigste Bearbeitungsschritt ist das Anfertigen der Auswahl. Um diese wirklich sauber hinzubekommen, würde ich im Fall von Rainers Bild doch mit einigen Stunden Arbeit rechnen. Grundsätzlich verwende ich dazu das Polygon-Lasso aus der Werkzeugpalette (üblicherweise links). Wenn man die Kante des Bereichs, der freigestellt werden soll, in einer vergrößerten Ansicht (mind. 200%) darstellt, kann man damit in sehr kleinen Schritten die Kante nachzeichnen, jeweils linker Mausklick - Maus ein kleines Stück entlang der Kante verschieben - wieder linker Mausklick und so weiter. Wenn man an den Rand des Fensters gekommen ist, ist es sinnvoll, den bisher bearbeiteten Bereich zu schließen und als Auswahl zu speichern. Dann verschiebt man den Fensterausschnitt und erweitert den Auswahlbereich, indem man den neuen Auswahlbereich im alten ansetzt und daraus heraus entlang der Kante weiterführt. So entsteht eine zusammenhängende Auswahl.
Man kann sich natürlich auch helfen lassen, indem man gleich zu Beginn eine "intelligente" Auswahl wählt. Im vorliegenden Fall bin ich mit Auswahl > Fokusbereich ... zu einer ganz guten Basisauswahl gekommen. Der manuelle Aufwand mit dem Polygon-Lasso reduziert sich in diesem Fall auf das Ergänzen und Korrigieren dieser automatisch erstellten Auswahl. - Da es bei der Auswahl im vorliegenden Fall auch unscharfe Ränder gibt, sollte diese Unschärfe auch in der gespeicherten Auswahl aufscheinen. Das lässt sich am besten direkt in dem Kanal bearbeiten, der die Auswahl beinhaltet. Dazu wechselt man von der Ebenen-Palette auf die Kanal-Palette (üblicherweise Reiter rechts unten, gleich rechts neben "Ebenen"). Dort finden wir die gespeicherte Auswahl unterhalb der Farbkanäle.
Dort zieht man um die Bereiche, die unschärfer werden sollen, eine großzügige Auswahl. Es sollte viel Platz außerhalb der gespeicherten Auswahl bleiben. Dann geben wir dieser Auswahl in der Auswahl eine weiche Kante: Auswahl > Auswahl verändern ... > Weiche Kante .... Welcher Wert für die Weichheit der Auswahlkante richtig ist, hängt sehr vom Einzelfall ab. Dieser Wert definiert den Verlauf vom unscharfen Bereich der gespeicherten Auswahl zum scharfen - noch nicht die Unschärfe in der gespeicherten Auswahl selbst. Ich denke, dass 50 px ein guter Ausgangswert sind. Ab diesem Verarbeitungsschritt ist es sinnvoll, die gespeicherte Auswahl in einen neuen Kanal zu kopieren und mit der Kopie zu arbeiten, damit im Fall eines Mißlingens des Verlaufs von Schärfe zu Unschärfe nicht die gesamte zuvor gespeicherte Auswahl verloren geht.
Erst wenn diese Auswahl in der Auswahl mit der richtigen Weichheit steht, kann man darangehen, tatsächlich die unscharfen Teile der gespeicherten Auswahl zu erzeugen. Das geschieht mit Filter > Weichzeichnungsfilter > Gaußscher Weichzeichner .... Auch hier hängt der exakte Wert eigentlich vom Einzelfall ab. Am besten ist ein Vergleich mit der Vorschau nach Gefühl.
In den letzten beiden Bearbeitungsschritten braucht es am Anfang sicher einige Versuche, bis die Werte passen. Daher immer mit einer Kopie des ursprünglichen Auswahlkanals arbeiten.
Ich habe bei Rainers Bild die Spitze des Zweigs und den Flügel der Biene mit einer unscharfen Kante versehen. Ich zeige einmal die fertige Auswahl und zeichne die Auswahlen ein, die den Schärfeverlauf definieren sollen, um eine Idee zu geben, was ungefähr mit einer großzügigen Auswahl gemeint ist. - Nun ist es soweit. Wir können die mühsam gebastelte Auswahl in das Bild laden: Auswahl > Auswahl laden ... > (Name der Auswahl). Dann passen wir die Auswahl nochmals an, damit die Auswahlkante nicht allzu hart wird: Auswahl > Auswahl verändern > Verkleinern ... > 1 px und dann: Auswahl > Auswahl verändern > Weiche Kante ... > 2 px. Die Verkleinerung soll leichte helle Blitzer eliminieren und die weiche Kante verhindert, dass der Vordergrund wie mit der Laubsäge ausgesägt wird. Man könnte diese Anpassungen auch direkt in der Auswahl speichern. Wenn wir aber diese relativ einfachen Modifikationen unmittelbar vor dem Anwenden zum Einsatz bringen, dann lassen wir uns noch Spielraum für leichte Variationen auch dieser Modifikationen. Nun aber erstellen wir eine neue Ebene aus dieser modifizierten Auswahl: Ebene > Neu > Ebene durch Kopieren.
- Alles Folgende wird auf die zweite Ebene angewandt, während die oberste Ebene unverändert bleibt. Es gibt mehrere Möglichkeiten, um den Hintergrund zurückzunehmen. Wir können das bewirken über das Reduzieren der Helligkeit, der Sättigung, der Schärfe oder über eine Kombination aus mehreren dieser Faktoren. Ich selbst habe alle drei Faktoren etwas reduziert und den Effekt jeweils über die Vorschau beurteilt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese Veränderungen herbeizuführen. Die einfachste, die auch ich gewählt habe, ist wohl über Bild > Korrekturen > Helligkeit/Kontrast ..., beziehungsweise Bild > Korrekturen > Farbton/Sättigung .... Die Schärfe kann man etwa über den Gaußschein Weichzeichner (wie oben beschrieben) reduzieren.
Hier nochmals das Ausgangsbild und das Ergebnis der Modifikation. Ich habe die Auswahl natürlich nicht so exakt erstellt, wie sie sein sollte. Aber es sollte dennoch klar sein, was am Ende dabei herauskommen kann.
Sicher fällt nun deutlicher auf, dass der Ausschnitt nicht mehr optimal ist. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Gruß Werner